Motorradtransport über den Atlantik

Das Dilemma

Mieten, kaufen oder verschiffen? Mieten ist prima für eine kurze Reise, absurd teuer, wenn man länger als 3 Wochen unterwegs sein will. Vor Ort Kaufen und wieder Verkaufen – ich hab’s ernsthaft erwogen. Allerdings: Kaufen heißt, erst einmal ein passendes Motorrad zu finden, eine Garage zu suchen, um es auf mich und meine Bedürfnisse anzupassen (siehe Umbau). Am Schluß unter Zeitdruck zu verkaufen, ist auch nicht jedermanns Sache. Also Transport – aber wie?

Die Idealvorstellung

Das Motorrad von A nach B zu schicken, könnte ganz einfach sein, stellt man sich als Laie vor: Buchen im Internet wie einen Flug für eine Person, abliefern, abholen, fertig. Das Ganze zu einem Preis, bei dem man sich freut, es mitzunehmen, statt ernsthaft darüber nachzudenken, besser vor Ort eines zu kaufen und auf die eigenen Bedürfnisse umzubauen.

Die Realität

Weit gefehlt: Motorradtransport über den Atlantik ist teuer und umständlich und bis man als Endkunde verstanden hat, wie es vor sich geht, hat man graue Haare. Am Ende, als ich endlich alle Informationen hatte (nach der ganzen Aktion), war’s im Rückblick gar nicht sooo kompliziert,  alle Kontakte waren freundlich, hilfsbereit und nett. Aber zunächst fühlt man sich als Neuling in der Materie ziemlich allein gelassen, weil man Informationen immer nur häppchenweise bekommt.

Aber …

DGR
Ein Motorrad ist eine gefährliche Angelegenheit.

Laienverständliche Informationen im Internet findet man wenig, Vergleichsportale schon gar nicht. Die Cargo Unternehmen richten sich nach meinem Eindruck eher nicht an Endkunden: Will man keinen weiteren Dienstleister einschalten, muß man sich mit dem Cargo-Prozedere und der Cargo-Terminologie auseinandersetzen, u.a. sog. DGR-Dokumente selbst besorgen (Motorräder gelten dank Verbrennungsmotor als DanGeRous Goods.) und sich um Einreise- und Zollvorschriften kümmern.
Preise kann man erfragen, meist ist die Antwort ein klares „Kommt darauf an!“ Auf’s Gewicht z.B., auf die Art der Verpackung oder auch nicht Verpackung (braucht man eine Kiste oder nicht?), auf Länge, Höhe, Breite. Eine Formel habe ich bei keinem Anbieter gesehen, selbst auszurechnen, ob man z.B. um Höhe und damit Volumen und damit Kosten einzusparen, das Windschild oder sogar das Vorderrad demontieren sollte, ist mangels veröffentlichter Berechnungsmethode nicht möglich. Auch über den Ablauf erfährt man zunächst wenig.

Preise

Die wenigen Dienstleister, die ich gefunden habe, verlangen alle um die 2500,- Euro pro Richtung für den Flug über den Atlantik. Da kauft oder mietet man wohl besser, je nach Dauer der Reise.

Air Canada bietet dieses Jahr (2015) einen guten Deal mit „Flatrate“ (gemeint: Ein Motorrad kostet x, unabhängig von Länge, Höhe, breite, Gewicht, Verpackung.) an, aber leider gilt der günstige Preis (1000,- Canadian $ = ca. 700,- Euro) nur von Kanada aus, von Frankfurt nach Kanada ist’s doppelt so teuer. Große Einschränkung: Das Angebot gilt nur von bzw. nach Kanada.
Durch zähe Verhandlungen ist mir gelungen, die SE zu einem guten Preis fliegen zu lassen. Bis alles fest stand, sind aber incl. Recherche vorher etliche nervige Wochen vergangen, und das von mir genutzte Schlupfloch, um an kanadische Preise auch in Deutschland zu kommen, haben sie danach geschlossen.

Umstände

Für die DGR-Dokumente bin ich extra nach Frankfurt an den Flughafen gefahren, Cargo City Süd: Dies erforderte zunächst, an der Wache des FraPorts vorbei zu kommen – da ich schon früher einen Flughafenausweis hatte, war dies einfach für mich. Warum ein Cargo-Unternehmen das DGR-Dokument nicht mit einem Anruf oder einer email eben mal schnell regeln kann, ist mir unklar. Das Air Canada Büro liegt in der Cargo City Nord, für’s Abliefern des Motorrads muß man erneut die FraPort Wachen passieren.  Ich wurde freundlich empfangen, einer der Arbeiter nahm sich Zeit, alles Weitere mit mir zusammen abzuwickeln: Abliefern, Gepäck abladen, röntgen, wieder aufladen. Ist der Tank fast leer, wie gefordert? Papierkram. usw.

KTM_wrapped
So wurde sie mir in Vancouver übergeben. Ein Arbeiter half beim Auspacken und Losgurten.

Am Zielflughafen hatte ich keine Ahnung, was mich erwartet. Nun ist in Kanada alles klar geregelt, ich wurde vom Air Canada Büro mit Papieren versorgt und zum 300m entfernten Zoll geschickt, dort wegen Soil Inspection (ist es auch schön sauber?) auf den Folgetag vertröstet, man werde mich anrufen. „They never call!“ sagten die Handling-Agents im benachbarten Büro, also ging ich ohne Anruf am nächsten Tag zum Zoll, und siehe da: Die Papiere waren fertig, ich konnte sie mitnehmen. Zurück zu Air Canada, Flug bezahlen, kleine Zollgebühr obendrauf, fertig. Wäre da nicht noch das Problem mit der Haftpflichtversicherung gewesen, ich hätte es gleich mitnehmen können. In einem weniger gut sortierten Land wäre dieser Teil der Aktion allerdings ungleich mühevoller gewesen.

 

 

Klare Kommunikation von Anfang an hätte mir geholfen – aber wie gesagt, es ist zwar ein Angebot für Endkunden, aber es wird nicht so gehandhabt. Schöner wär’s, es ginge so, wie ich es mir naiverweise vorgestellt hatte (vgl. erster Absatz dieses Artikels).

Alternative Schiff?

Von Verschiffung (per Schiff, auch per Flugzeug wird der Vorgang Shipping genannt) wird in fast allen Foren und von fast allen Dienstleistern abgeraten: Es ist nicht wesentlich günstiger, Schiffe können kurzfristig mal eben nach Kapstadt umdirigiert werden und drei Wochen länger brauchen, in den Häfen wird die Begegnung mit dem Zoll oft als mühsamer beschrieben als am Flughafen, und die Klau- und Bruchgefahr ist in Häfen auch noch höher, ganz abgesehen von der Gefahr, daß ein Container nicht dicht ist und das Motorrad 3 Wochen lang im Salzwasserdunst vor sich hin rostet.

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